Gefährliche Gene

Sind beide Augen des Pferdes betroffen, kann die vollständige Erblindung der Grund für eine dauerhafte  Unbrauchbarkeit oder sogar den Tod des Tieres sein.
Studien konnten einen Zusammenhang mit dem Auftreten der ERU und Pferden, die Träger des Leopard-Gens sind aufdecken.
ERU kommt es zu immer wiederkehrenden (rezidivierenden) Entzündungen der mittleren Augenhaut (Uvea). Die chronische Entzündung verursacht eine Zerstörung des Gewebes und kann somit zur Erblindung des betroffenen Auges führen.
Schon frühere Berichte konnten zeigen, dass Appaloosas ein mehrfach erhöhtes Risiko für die Erkrankung selbst, aber auch für schwere Verläufe, die mit Blindheit enden haben. Die lässt eine genetische Komponente vermuten. Zwei Studien aus dem Jahr 2020 haben sich mit der genetischen Ursache näher beschäftigt:
Rockwell et al. (2020)
In der Analyse von Daten von 98 Appaloosas konnte gezeigt werden, dass das Leopard-Gen (LP) sogar einen additive Effekt hat im Bezug auf die Erhöhung des Risikos für ERU. Heißt ein Pferd das zwei Gene trägt (homozygot, reinerbig für Leopard) haben ein noch höheres Risiko als Pferde, die nur ein LP-Gen tragen (heterozygote oder mischerbig) im Vergleich zu Pferden ohne Leopard-Gene. Die Studie zeigt auch, das seine Genotypisierung für die Vorhersage des ERU-Risikos hilfreich sein kann.
Sandmeyer et al. (2020)
Ergebnis dieser Studie an kanadischen Appaloosas war, dass der LP-Genotyp und das Alter der Pferde Risikofaktoren für ERU sind. Auch in dieser Studie waren reinerbige Tiere (LP:LP, homozygot) häufiger und schwerer betroffen, als Tiere ohne LP (N:N) oder nur ein LP (heterozygot, LP:N).
Zusammen unterstützen diese Studien die Verwendungsmöglichkeit von Gentests um Pferde mit erhöhtem ERU-Risiko zu erkennen. Pferde mit zwei Leopard-Genen (LP:LP) sollten regelmäßig einer Augenuntersuchung unterzogen werden um rechtzeitig bei Anzeichen einer Uveitis eine Behandlung einleiten zu können.
Link zum Originalartikel:
 https://vgl.ucdavis.edu/res.../leopard-complex-eru-risk-link
Fallbeispiel Okie:
Geboren 1999 in Kanada, importiert nach Deutschland und Vierjährig an seinen jetzigen Besitzer verkauft. In der Retrospektive immer ein eher „guckiges“ Pferd, besonders bei ungünstigen Lichtverhältnissen. Beginn der Augenproblematik mit 8 Jahren, immer wieder Augenentzündungen, die Abstände zwischen den Schüben werden immer kürzer. Mit 10 Jahren dann Augen-Operation in der Uniklinik München. Nach 2 Jahren dennoch Verlust der Sehfähigkeit auf der operierten Seite. Beginn der Problematik auf der anderen Seite. Im Ergebnis vollständige Erblindung mit etwa 16 Jahren. Zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Fohlen, davon zwei bereits wegen der Erblindung eingeschläfert. Okie findet sich nur noch in seinem angestammten Heimatstall zurecht. Es ist nicht mehr möglich ihn auf der Koppel zu lassen. Mit anderen Pferden hat er häufig Kommunikationsschwierigkeiten, da er ihre Körpersprache nicht lesen kann.
Nun frage ich mich, ob wir hier nicht in der Verantwortung sind, bzw. über den §11b des Tierschutzgesetztes sogar verpflichtet dazu sind, dieses Tierleid zu verhindern.
Denn wir haben hier alle Punkte erfüllt:
Schmerz – über die sehr schmerzhafte Augenentzündung
Leid – über die Beeinträchtigung der Sehfähigkeit und damit die Einschränkung der artgemäßen Kommunikation und Bewegung
Schaden – über die Zerstörung des Gewebes/Organs
Jeder verantwortungsvolle Züchter sollte doch hier schon bei der Planung bedenken, welches Leid er produzieren könnte – natürlich ist ein homozygoter Deckhengst oder eine Zuchtstute ein toller Garant für Tupfenpferde – aber zu welchem Preis??
Können wir das noch verantworten?